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Lesen im Herbst – interessante Buchempfehlungen
Mittlerweile werden die Nächte wieder länger und die Tage kürzer. Die Temperaturen sinken, sodass du sicherlich auch gerne wieder deine gemütliche Leseecke im Haus oder in der Wohnung aufsuchst. Für dein herbstliches Lesevergnügen möchte ich dir heute ein paar ganz unterschiedliche Vorschläge machen:
Die Geisha von Artur Golden
Zu Beginn der Dreißigerjahre wird das einfache Fischermädchen Chiyo in die alte Kaiserstadt Kyoto gebracht. Nach einer qualvollen Ausbildung steigt sie zu einer der begehrtesten Geishas in ganz Japan auf. Doch ihr Traum vom privaten Glück erfüllt sich erst nach dem Untergang der alten Geisha-Kultur.
Arthur Golden hat mit seinem Roman »Die Geisha« einen Klassiker geschrieben – ein faszinierendes Asien-Epos.
Das Buch schildert das Leben Chiyos von ihrem 8. Lebensjahr an, ihre Jahre als Dienerin der Okiya, dann ihre Ausbildung zur Geisha, ihre Zwistigkeiten mit Hatsumomo, der damaligen Star-Geisha sowie ihren Aufstieg als gefragteste Geisha, ihre jahrelang unterdrückte Liebe und letztendlich ihr Glück, das sie in den USA findet.
Es ist ein sehr fremd anmutendes Buch, die damaligen Bräuche im alten Japan, die Zeremonien der Geisha-Kultur, die charakteristischen, unterwürfigen Verhaltensweisen, die so gar nicht zu unserer westlichen Gesellschaft passen wollen.
Wer sich für dieses Thema interessiert, wird mit diesem Buch reich belohnt und taucht ein in die Vor- und Nachkriegsjahre sowie die Sitten Japans.
Mein Fazit: faszinierend, verstörend, ungewöhnlich. Bei der Leserin bleiben viele Fragen offen – wie: Ist eine Geisha nun eine Prostituierte oder nur eine Unterhaltungskünstlerin? Die Antwort darauf darf jede/r für sich selbst herausfinden.
Um ein völlig anderes Thema geht es in dem brillanten Buch von
Cheryl Strayed – Der große Trip – Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst
„Die Frau mit dem Loch im Herzen, das war ich.“ Gerade 26 geworden, hat Cheryl Strayed das Gefühl, alles verloren zu haben. Und so trifft sie die folgenreichste Entscheidung ihres Lebens: die mehr als tausend Meilen des Pacific Crest Trail zu wandern, durch die Wüsten Kaliforniens, über die eisigen Höhen der Sierra Nevada, durch die Wälder Oregons bis zur „Brücke der Götter“ im Bundesstaat Washington – allein, ohne Erfahrungen und mit einem Rucksack auf dem Rücken, den sie „Monster“ nennt. Diese Reise führt Cheryl Strayed bis an ihre Grenzen und darüber hinaus …
Die Autorin erzählt autobiografisch von ihrer Jugend und ihrer innigen Beziehung zu ihrer Mutter. Deshalb trifft es sie sehr, als ihre Mutter an Krebs erkrankt und stirbt. Ihr ganzes Leben gerät dadurch aus den Fugen. Sie wirft ihr Studium hin, betrügt ihren eigentlich doch geliebten Mann wahllos mit anderen Männern und gleitet schließlich in die Drogensucht ab. Irgendwann erkennt sie, dass es so nicht weitergehen kann und beschließt, quasi als Therapie, den Pazific Crest Trail an der Westküste der Vereinigten Staaten zu gehen. Der Trail ist mehrere Tausend Kilometer lang und führt durch alle Extreme der Landschaft: durch trockene Wüsten, felsige Gebirge und tiefen Schnee.
Beladen mit einem viel zu schweren Rucksack und zu kleinen Stiefeln, geht sie diese extreme Wanderung ohne jegliche Erfahrung an.
Dieses Buch hat mich sehr gefesselt, da es auf anschauliche Weise zeigt, wie Cheryl durch diese herausfordernde Wanderung inneren Frieden schließen kann mit ihrer Vergangenheit, mit dem Verlust ihrer geliebten Mutter, mit ihrer Drogensucht. Die Wanderung stellt sie vor immer neue Probleme und bringt sie an ihre körperlichen Grenzen. Der Leser lernt einen faszinierenden Trail kennen und die Menschen, die ihn gehen.
Am Ende möchte man die Wanderschuhe anziehen, den Rucksack packen und losmarschieren. Ein Buch für Menschen, die auf dem Weg zu sich selbst das Abenteuer suchen.
Wer es spannend und unheimlich mag, ist mit diesem Thriller gut bedient:
Der stille Herr Genardy von Petra Hammesfahr
Er ist ein netter, hilfsbereiter Mensch und ruhiger Mieter. Sogar kinderlieb und bereit, monatlich mehr zu bezahlen, als Sigrid bisher für die Wohnung im Obergeschoss ihres Hauses bekommen hat. Seit dem Tod ihres Mannes muss sie genau rechnen, um sich und ihre Tochter durchzubringen und das Haus nicht zu verlieren. Deshalb versucht sie, die Albträume und Visionen zu ignorieren, die sie nach Herrn Genardys Einzug quälen. Aber die Angst um ihr Kind wird sie nicht los. Irgendetwas stimmt nicht mit dem stillen Herrn Genardy …
Dies ist eine Geschichte zweier psychisch gestörter Menschen, die zueinander passen wie die Faust aufs Auge: Abwechselnd schlüpfen wir in das Innenleben des pädophil veranlagten Herrn Genardy und der mit quälenden seherischen Fähigkeiten begabten Sigrid, Mutter einer Tochter und Witwe. Genardy richtet sein ganzes einsames Leben darauf aus, kleine Mädchen zu missbrauchen und gefühlskalt zu töten, um jede Spur zu verwischen. Die Autorin berichtet aus der Sicht dieses Pädophilen, meisterhaft sachlich und klar, ohne falsche Anteilnahme, aber auch ohne aus dem Verbrecher ein Monster zu machen.
Sigrid schleppt aus ihrer harten Kindheit eine Reihe von großen Ängsten und Unsicherheiten mit in ihre erste Ehe und in ihr Mutterdasein, und ein Traum von dem “Braunen”, der den Tod eines nahen Menschen ankündigen soll, verfolgt sie bis ins Erwachsenenalter. Aber die Geschichte ist nicht hoffnungslos. Petra Hammesfahr interessiert sich zwar offensichtlich für die Abgründe der menschlicher Psyche, lässt aber Sigrid Stück für Stück zu mehr Selbstbewusstsein kommen, ihr Leben in die eigene Hand nehmen: Nach dem Tod ihres Ehemannes, dessen ebenfalls (leicht) pädophile Veranlagungen ihr langsam klar werden, kann sie eine neue gleichberechtigte Beziehung aufbauen, sich aus den Fängen ihrer herrischen Mutter befreien und ihrer quälenden seherischen Gabe auch Positives abgewinnen. Der Schluss ist dann sehr spannend. Dieses Buch ist eine ungewöhnliche Mischung aus Thriller, Kriminalgeschichte und Entwicklungsroman.
Zum Schluss möchte ich ein für mich jedenfalls ungewöhnliches Genre bewerben:
Louise Candlish: Denn dich liebe ich
Als ihre Mutter stirbt, kehren bei Olivia mit aller Macht die Erinnerungen zurück: An eine unglückliche Kindheit, an eine verbotene Liebe. Olivia macht sich auf, den Mann zu finden, den sie nicht vergessen kann. In einem malerischen Ort an der englischen Südküste begegnet sie ihm wieder. Es ist wie damals. Fast. Nach dem Tod ihrer Mutter findet Olivia einen Brief, in dem sie für alles Leid um Verzeihung bittet – auch dafür, dass sie Olivia und ihre Jugendliebe Richie auseinandergebracht hat. Und sie drängt Olivia: Folge deinem Herzen! Der Brief enthält auch eine Adresse. Aufgewühlt reist sie an die englische Südküste – und findet Richie. Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben. Doch zu Hause in London warten zwei Söhne und ein liebender Ehemann.
Das Buch erzählt die Geschichte der Hausfrau Olivia, deren Unzufriedenheit mit ihrem Leben auf ein Zerwürfnis mit ihrer Mutter Maggie begründet ist. Einer Mutter, die ihre Kinder mehrfach wegen eines anderen Mannes verlassen und sie verunsichert und ohne jegliche Erklärung zurückgelassen hatte. Nach Maggies Tod nimmt Olivia eine Auszeit. Eine Auszeit, die auf einen letzten Brief von Maggie basiert, in dem sie Olivia die Adresse ihrer großen Jugendliebe Richie verrät. Maggie hatte es damals erfolgreich geschafft, die Beziehung ihrer Tochter zu Richie, dem Sohn ihres Geliebten, zu zerstören und die beiden für immer auseinanderzubringen. Nun steht Olivia vor der größten Entscheidung ihres Lebens: einerseits die verlockende Möglichkeit einer zweiten Chance, andererseits ihr Ehemann Russell und die gemeinsamen Söhne Jamie und Noah. Ein solider Frauenroman, der sich sehr viel mit den Emotionen, den Motiven und den psychologischen Aspekten der Entscheidungen der Protagonisten beschäftigt.